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13. Juli 2020 / Einblick

Lotto ist nicht gleich Lotto

Ein Fall für die BaFin: Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Universität Münster, die sich zum ersten Mal aus finanzrechtlicher Sicht mit Online-Angeboten von Glückspiel aus dem Ausland beschäftigt.

Sind Wetten auf den Ausgang einer staatlich organisierten Lotterie ein aufsichtspflichtiges Finanzderivat? Mit dieser Frage haben sich Professor Matthias Casper, Professor Andreas Pfingsten und Bastian Stromann* von der Universität Münster in einer Studie beschäftigt und sogenannte „Zweitlotterien“ erstmals grundlegend aus einer finanzrechtlichen Perspektive betrachtet. Die Juristen und Ökonomen kommen zu einem so eindeutig wie möglicherweise folgenreichen Ergebnis.

Es handelt sich „bei der Wette im Rahmen der Zweitlotterie um ein Derivat …, das folglich als Finanzinstrument dieser Norm einzuordnen ist“, so die Verfasser. Damit sind sie den Wissenschaftlern zu Folge aufsichtspflichtig durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Deren Aufgabe ist es, Missständen vorzubeugen und Verbraucher zu schützen. Stellt die BaFin fest, dass ein Unternehmen unerlaubte Finanzgeschäfte betreibt, kann sie dem ein Ende setzen und sogar Banken ins Visier nehmen, um die Geldströme zwischen Kunden und Anbietern zu unterbinden.

Zweitlotterien sind Finanzgeschäfte

Bei den sogenannten „Zweitlotterien“ – tatsächlich ein irreführender Begriff, handelt es sich ja eben nicht um Lotterien – werden Wetten auf Ergebnisse der staatlichen Lotterien abgeschlossen. Die Gewinne werden zudem nicht durch die Einsätze finanziert, sondern durch Risikoversicherungen, über die die Anbieter den Gewinn des Jackpots versichern. Und eben bei diesen „Risk-Bonds“, befinden die Verfasser der Studie, handelt es sich um Derivatgeschäfte.

Das Ende vom Lied

Hinzu kommt, was seit Jahren verbrieft ist: Entsprechende Anbieter, die ihren Sitz in Offshore-Staaten bzw. Malta, Gibraltar oder außerhalb Europas haben, besitzen in Deutschland keine Genehmigung für ihr Angebot. Sie sind deshalb illegal, so wurde bereits von verschiedenen Gerichten in Deutschland entschieden. Und sie werden es auch nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags im Juli 2021 bleiben.

Trotz der eindeutigen Rechtsprechung und der Gesetzeslage setzen die Anbieter von als Lotterien getarnten illegalen Wetten bislang jedoch ihr Geschäft fort – auch, weil es durch den Sitz der Anbieter im Ausland am Vollzug der deutschen Urteile hapert. Die Zuständigkeit der BaFin könnte das grundlegend ändern.

 

* Prof. Dr. iur., Dipl-Oec. Matthias Casper ist Direktor des Instituts für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht. Prof. Dr. rer. pol. Andreas Pfingsten ist Direktor des Instituts für Kreditwesen und Bastian Stromann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, alle an der Universität Münster.

Bildnachweis: istock/chaofann