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31. Oktober 2019 / Argumente

Lotterien: Was für ein Monopol spricht

Die Sicherheitsstandards bei den Ziehungen der Lottozahlen sind hoch. Vertrauen ist für die Lotteriegesellschaften wichtig. Auch deshalb befürwortet der Rechtsexperte Prof. Dr. Thomas Dünchheim das staatliche Monopol auf Lotterieveranstaltungen.

Staatliche Lotteriegesellschaften müssen sich immer mal wieder rechtfertigen: Machen Lotterien süchtig wie andere Arten von Glücksspiel? Können die Ziehungen manipuliert werden? Erschließt der Staat mit dem Lotto-Monopol lediglich eine weitere Möglichkeit, von den Bürgern Geld einzunehmen? Befürworter der staatlichen Lotterien verneinen diese Fragen. Sie sehen das staatliche Monopol auf die Vergabe von Lotteriekonzessionen gerechtfertigt: In ihren Augen spricht insbesondere die damit verbundene Aufsicht über die ordnungsgemäße Durchführung der Ziehungen dafür. Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Dünchheim von der EBS Law School in Wiesbaden verweist einerseits auf die positiven gesellschaftlichen Effekte durch das Geld, das gemeinnützigen Zwecken zukommt. Andererseits stellt er die Vorteile der staatlichen Regulierung heraus, durch die das Risiko des Missbrauchs minimiert wird. Doch die bestehende Begründung für das Lotterieveranstaltungsmonopol kann weiterentwickelt und die Regelung damit rechtssicher verankert werden. Der Wissenschaftler und Top-Jurist Prof. Dünchheim hat in einer Analyse Gründe für das staatliche Monopol auf Lotterieveranstaltungen zusammengefasst. Ein Überblick:

Gefahren der Spielsucht

Die Suchtgefahr durch das Lottospiel gilt als gering – nicht trotz, sondern vor allem auch wegen der staatlichen Regulierung: Solange ein Monopol besteht, gibt es keinen Wettbewerb unterschiedlicher Anbieter. Es gibt also auch keine Notwendigkeit für mögliche Wettbewerber, einen Konkurrenten durch besonders reizvolle Angebote auszustechen. Ein Lotterieveranstaltungsmonopol trage entscheidend zur Bekämpfung der auch mit dem Lotteriespiel verbundenen Suchtgefahren bei, so Prof. Dünchheim in seiner Analyse. Zwar stuft die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung das Suchtgefährdungspotenzial bei Lotterien insgesamt als gering ein. Dennoch erkannten das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) in ihren Beschlüssen an, dass eine Liberalisierung des Marktes – und die damit verbundene Konkurrenz der Anbieter sowie der Drang, das attraktivste Angebote zu machen – die Spielsuchtgefahr erhöhen würde.

Eingeschränkte Werbung

Können die staatlichen Monopolgesellschaften auf Werbung komplett verzichten? Der EuGH hat im Jahr 2007 erklärt, dass ein gewisser Werbeumfang zulässig sei, um die Glückspieltätigkeit in kontrollierte Bahnen zu lenken. Das diene auch einer wirksamen Suchtbekämpfung, argumentiert Prof. Dünchheim. Diese könne nur im legalen Markt erfolgen. Der öffentliche Kanalisierungsauftrag erfordere eine Werbepraxis, die ebenso attraktiv sei wie die der bestehenden illegalen Anbieter. Der Experte fordert deshalb mehr Mut zur positiven, schlagkräftigen Werbung. Dies wird, insbesondere mit Blick auf den zukünftigen Glücksspielmarkt immer wichtiger für die staatlichen Lotterien.

Vermeidung von Manipulation

Es liegt in der Natur der Sache, dass Lotterien vor allem während der Ziehungen angreifbar für Manipulationen sind. Vor allem dem Veranstalter kommt deshalb eine große Verantwortung zu. Er hat den alleinigen Zugriff auf das Geschehen und könnte Einfluss auf die Ziehungen nehmen, an der in Deutschland wöchentlich mehrere Millionen Spieler teilnehmen. Die Lotterie-Anbieter tragen zudem die alleinige Verantwortung für den sicheren Umgang mit den Spieleinsätzen.

Wirksamkeit staatlicher Aufsicht

Damit Manipulationen vermieden werden, beaufsichtigt der Staat die Ziehungen mit einem großen Aufwand und übt damit sein Monopol aus. Die Wirksamkeit staatlicher Aufsicht ist hoch. Sie wird hergestellt durch eine externe und eine interne staatliche Aufsicht. Das bedeutet: Jede Ziehung wird von einem Ziehungsbeamten begleitet, kontrolliert, überwacht, geprüft und testiert. So funktioniert die externe Prüfung. Mit der internen Prüfung ist das Durchgriffsrecht gemeint, das der Staat in jeder der 16 Lotteriegesellschaften hat – zum Beispiel durch die Kontrolle im Aufsichtsrat, durch die Erteilung von Genehmigungen oder durch Dienstanweisungen. Ein besseres Maß an Kontrolle und Kontrolldichte ist Prof. Dünchheim zufolge kaum möglich.

Finanzierung von Projekten des Gemeinwohls

Die staatlichen Lotterien in Deutschland haben im Jahr 2018 über drei Milliarden Euro für das Gemeinwohl erwirtschaftet. Rund 40 Prozent der Einnahmen aus den Lotterien fließen wohltätigen Zwecken zu. Auch der EuGH sieht darin zumindest eine ergänzende und verstärkende Rechtfertigung für das Glückspiel. Das Staatsmonopol diene demnach nicht einfach nur fiskalischen Zwecken, sondern fließe unmittelbar geförderten Projekten und Institutionen zu.

Vorteile der Regulierung

Der Auswertung nach ist das Monopol für Lotterieveranstaltungen weder verfassungs- noch europarechtlich umstritten. Das bedeutet jedoch nicht, dass die staatlichen Lotterien durch ihre herausgehobene Stellung außerhalb der sonstigen gesetzlichen Regeln stehen. Das Monopol muss sogar auch mit den übrigen Regulierungen des Glückspielsektors kombiniert werden, um das bestehende Regulierungssystem ausbauen zu können. Um in Zukunft erfolgreich zum Beispiel gegen illegale Anbieter bestehen zu können, solle, so schreibt Prof. Dünchheim, zunächst das Online-Verbot für Lotterien aufgehoben werden. Nur unter dieser Voraussetzung könne auch dieser Markt kontrolliert werden. Zusätzlich müsse eine zentrale Aufsichtsbehörde der Länder für Glücksspiele geschaffen werden. Darüber hinaus sei es nötig, die Grenzen der zulässigen Werbung neu auszuloten und staatsvertraglich zu regeln. Und schließlich sollten schwarze Lotteriewetten ausdrücklich verboten werden. Prof. Dünchheim fordert also nicht weniger, sondern mehr Regulierung für das Lotteriewesen.