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5. Oktober 2022 / Einblick

Lootboxen und Gaming im Fokus der Glücksspiel-regulierung

Zocken auf dem Smartphone oder am PC ist beliebt, und das schon im Kindes- und Jugendalter. Viele Games sind kostenfrei, im Spiel aber gibt es sogenannte „Lootboxen“ für Echtgeld zu kaufen – und das schon für Minderjährige. Zeit für eine kritische Debatte.

Free to Play – Spiele mit diesem Attribut sind eigentlich kostenlos. Doch oft enthalten sie Elemente, die durch eine Echtgeldzahlung die Gewinnchancen steigern. Zu diesen sogenannten Pay-to-Win-Elementen zählen auch Lootboxen – virtuelle Behälter mit Gegenständen wie beispielsweise Rüstungen oder Waffen, die die Erfolgschancen erhöhen sollen. Was zunächst harmlos klingt, bedeutet konkret: Spielende investieren echtes Geld in Dinge, die ihnen nur im Glücksfall in der Spielwelt Vorteile bringen – eine Gefahr, der auch Kinder und Jugendliche ausgeliefert sind.

Spiele mit kostenpflichtigen Lootboxen, zu denen Minderjährige aktuell uneingeschränkt Zugriff haben, beobachtet WestLotto-Geschäftsführer Andreas Kötter mit großer Sorge: „Wir erleben, und das ist dem Trend der letzten Jahre geschuldet, ein immer stärker werdendes Ineinandergreifen von Gaming und Gambling. Spätestens jetzt wird es Zeit, einen Blick in die Zukunft zu werfen“, sagte er in einem Webinar zu Lootboxen, das der Behörden Spiegel am 16. September veranstaltete. „Die Glücksspielbranche sieht sich damit konfrontiert, dass in einigen Jahren eine Welle von Glücksspielerinnen und -spielern auf sie zurollen wird, die in ihrer Kindheit problematisches Glücksspiel erlernt haben“, so Andreas Kötter. Er sieht dringenden Handlungsbedarf in puncto Verbraucherschutz.

Der Einsatz von Lootboxen in Online-Games erlaubt Kindern und Jugendlichen Aktivitäten, die erwachsenen Glücksspielerinnen und -spielern zu ihrem eigenen Schutz nicht erlaubt sind: Während an herkömmlichen Glücksspielen nur Erwachsene mit nachgewiesener Identifizierung und Authentifizierung teilnehmen dürfen, fehlen in Online-Games die Identifikations- und Authentifikationskontrollen oftmals gänzlich, was zu einem hohen Anteil an minderjährigen Spielerinnen und Spielern führt. Zudem müssen Spielerinnen und Spieler lizenzierter Glücksspiele strikte Spielpausenpflichten einhalten, indes erleben Nutzerinnen und Nutzer von Online-Games durch stimulierende Animations- und Soundeffekte zusätzliche Anreizfaktoren, die sie zum Erwerb der Lootboxen verleiten. Dadurch werden zeitlich begrenzte Glücksgefühle bei den Spielerinnen und Spielern ausgelöst, die sich nur durch eine wiederholte Transaktion erneuern lassen.

Ein weiteres Beispiel für den asynchronen Umgang mit Glücksspiel innerhalb und außerhalb der digitalen Welt: Zum regulären Glücksspiel besteht meist keine direkte Aufforderung, Online-Games werben mit Sprüchen wie „Hol dir das nächste Level!“ für den käuflichen Erwerb der Lootboxen.

Die Konsequenz: Immer mehr minderjährige Gamerinnen und Gamer laufen Gefahr, später anfällig für Suchtverhalten oder tatsächlich süchtig zu werden. Besonders hoch ist das Risiko, da die Medienkompetenz im jungen Alter noch nicht vollständig ausgebildet ist. Zudem geraten Gamer häufig in eine Schuldenfalle, da sie viel mehr Geld für das Glücksspiel ausgeben, als sie sich eigentlich leisten können.

Lootboxen in Belgien und der Slowakei offiziell als Glücksspiel eingestuft

Das Phänomen wird nicht nur in Deutschland, sondern in beinahe allen europäischen Ländern diskutiert. Staaten wie Belgien und die Slowakei haben den Einsatz von Lootboxen bereits offiziell als Glücksspiel eingestuft und ihren Einsatz somit in Videospielen verboten.

Doch eine Verbotskultur helfe niemandem dabei, dieses Problem zu lösen, sagt Andreas Kötter. Denn damit würde sich die Glücksspielindustrie auf Dauer gegen aktuelle Trends im Gaming und somit auch gegen die Spielerinnen und Spieler selbst stellen. „Das wird das Problem eher noch vergrößern.“ Beispiel dafür ist Belgien, wo viele Anbieter das geltende Verbot umgehen.

„Jeder Anbieter muss etwas tun, um diesem Trend entgegenzuwirken“

Was ist also zu tun? „Wir brauchen eine gesellschaftspolitische Diskussion über Gaming und Gambling in Deutschland; wir müssen das Thema auf unsere Agenda setzen. Denn jeder Anbieter von Glücksspielen muss etwas tun, um diesem Trend entgegenzuwirken“, sagt der Geschäftsführer von WestLotto. Das Unternehmen selbst macht bereits seit einigen Jahren auf das Phänomen aufmerksam: 2019 initiierte WestLotto eine flächendeckende Kampagne in Nordrhein-Westfalen mit dem Ziel, dass versteckte Glücksspielangebote in Spiele-Apps für Kinder und Jugendliche strenger reguliert werden. Zudem unterstützt die Lottogesellschaft zusammen mit BG3000 und dem TÜV Rheinland sogenannte SmartCamps in den Oberstufen nordrhein-westfälischer Schulen: Dabei handelt es sich um mehrtägige Workshops, in denen die Jugendlichen ihre Medienkompetenz stärken, ein Bewusstsein für verantwortungsvolles Handeln im Gaming und Gambling entwickeln und Sucht- und Schuldenfallen erkennen lernen – für einen sicheren Umgang auch mit Online-Games.

 

 

Photo by Glenn Carstens-Peters on Unsplash

Zum Weiterlesen:

Die Gefahren des Glücksspiels in Videogames

Ob Fußball-, Basketball- oder Survival-Games – viele Video-Spiele weisen mittlerweile Elemente des Glücksspiels auf. Wie genau das funktionieret und weshalb diese Spiele auch rechtlich als Glücksspiel behandelt werden müssen, lesen Sie hier.

Konferenz zum Glücksspielwesen 2021: Regulierung von Lootboxen diskutieren!

„Die Grenze zwischen Gaming und Gambling verschwimmt in immer mehr Spieleangeboten und den Jugendlichen ist oft nicht klar, dass hier besonders perfide Methoden der Gamesanbieter angewendet werden“, sagte Unternehmenssprecher Axel Weber anlässlich der Konferenz zum Glücksspielwesen 2021 des Behörden Spiegel. Mehr erfahren