19,14 Milliarden Euro ist das Engagement der Ehrenamtlichen in NRW jährlich wert. Das zeigt der neue WestLotto-Ehrenamtatlas, der eine umfangreiche Bestandsaufnahme über die freiwillige Arbeit im Bundesland liefert. Die Ergebnisse können als Tool verstanden werden, um das Ehrenamt künftig weiter zu stärken.
Freiwillige Feuerwehr, Naturschutz, Kindersport und viele weitere Bereiche: Ehrenamtliche leisten in Nordrhein-Westfalen einen unbezahlbaren Beitrag für die Gesellschaft. Ihre freiwillige Arbeit umfasst einen Wert von 19,14 Milliarden Euro pro Jahr. Das geht aus dem Ehrenamtatlas – So engagiert sich NRW hervor, den der staatliche Glücksspielanbieter WestLotto auf der Basis einer repräsentativen forsa-Umfrage erstellt hat. Der interaktive Ehrenamtatlas stellt die Dimensionen des Ehrenamtes im Bundesland übersichtlich dar. Dabei listet er Daten zum Engagement, unter anderem nach den verschiedenen Bereichen, Regionen und Altersgruppen und zu allen 53 Kreisen und kreisfreien Städten auf.
Das Ergebnis zeigt: Die Hälfte der Menschen engagiert sich in NRW derzeit ehrenamtlich und das über alle Altersgruppen hinweg. Im Durchschnitt investieren die Ehrenamtlichen 214 Stunden ihrer Zeit im Jahr. Und: Je kleiner die Ortschaften, desto größer der Anteil der Engagierten. Somit veranschaulicht die Erhebung, wie vielfältig und vor allem wertvoll das tägliche Engagement der Menschen ist. Allein die NRW-weit 86.000 ehrenamtlichen Feuerwehrleute würden gemeinsam schon gut eine Million Euro verdienen, wenn sie auch nur eine Stunde lang den Mindestlohn bekämen. Berechnet sind die Werte zum Ehrenamt auf Grundlage des geplanten Mindestlohns von zwölf Euro pro Stunde.
Engagement leidet durch Corona-Pandemie
Doch das Engagement leidet durch Corona. 46 Prozent investieren laut Befragung zum Ehrenamtatlas weniger Zeit in ehrenamtliche Arbeit im Vergleich zum Zeitraum vor Pandemiebeginn. „Es wird ein unvergleichlicher Kraftakt, diese Menschen wieder ins Ehrenamt zurückzuholen“, konstatiert Andreas Kötter, Sprecher der WestLotto-Geschäftsführung. Auch Stefan Klett, Präsident des Landessportbunds NRW, und Christian Woltering, Vorstand der Freien Wohlfahrtspflege in NRW, bezeichneten in Gastbeiträgen bei der Ehrenamtatlas-Vorstellung den Rückgang als immense Herausforderung der gemeinnützigen Organisationen.
„Es ist schwierig, abzusehen wie sich das Ehrenamt nach der Corona-Pandemie entwickeln wird. Viele haben während der Pandemie gemerkt, dass man auch ohne Vereine und lieber privat seine Zeit verbringen kann.“
Stefan Klett, Präsident des Landessportbundes NRW
Aber wie genau kann diese Herausforderung gemeistert werden? „Das Ehrenamt braucht uns. Unsere Gesellschaft muss dafür sorgen, dass Engagement möglich ist und gesehen wird“, fordert Andreas Kötter von WestLotto. Die finanzielle Unterstützung von ehrenamtlichen Tätigkeiten sei dabei der eine Aspekt.
Ebenso wichtig sind laut Kötter Formen der Wertschätzung, die nicht in Geld aufzuwiegen sind: „Das Ehrenamt braucht mehr Zuwendung. Zuwendung auf der einen Seite in Form von finanziellen Mitteln, aber auch unbürokratischer Möglichkeit, Dinge einfach umzusetzen. Wir müssen über Ehrenamt reden, wir müssen kommunizieren und die positiven Aspekte hervorheben. Ein Beispiel ist eine Initiative aus dem Lotterieumfeld aus unserem Nachbarland Niedersachsen: Dort kommuniziert und unterstützt die Bingo-Umweltstiftung hervorragend. So fließen Kommunikation und Finanzmittel zusammen.“
Die Ehrenamtsforscherin Prof. Dr. Andrea Walter von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW hat die Erhebung wissenschaftlich begleitet und sieht vor dem Hintergrund zurückgehenden Engagements ebenfalls Handlungsbedarf. Sie hält nachhaltige Aktivitäten zur Steigerung der Attraktivität des Ehrenamtes für unverzichtbar: „Die erstmals vorliegenden Zahlen aus dem Ehrenamtatlas für das Land NRW sollten uns aufhorchen lassen.“
Ehrenamt stärker wertschätzen
Ein Weg führt dabei über die Wertschätzung des Ehrenamts. Denn wie die Studie zum Ehrenamtatlas zeigt, fühlen sich zwar 46 Prozent der befragten Ehrenamtlichen stark oder sehr stark wertgeschätzt bei ihrer freiwilligen Arbeit. Doch gleichzeitig empfinden 45 Prozent eine weniger starke oder gar keine Wertschätzung. Ein Problem, das Motivation und dadurch Aktivitäten schwinden lässt.
Der Ehrenamtatlas lässt weitere Ansatzmöglichkeiten erkennen, um das Ehrenamt dauerhaft zu stärken. Die Mehrheit engagiert sich demnach ehrenamtlich, weil sie anderen Menschen helfen will (59 Prozent). Dahinter folgt als weiterer zentraler Beweggrund, dass man gern mit anderen Menschen zusammen ist (40 Prozent). Christiane Jansen, Geschäftsführerin von WestLotto: „Wer ein Ehrenamt ausübt, gibt nicht nur anderen Menschen viel, sondern erlebt auch selbst wunderschöne Momente. Das müssen wir auch all jenen vermitteln, die sich bislang noch nicht engagieren.“
Warum sich Jugend-Basketballtrainer Yannis Wiele, Ehrenamtlerin Lissy Wagner und Chorleiter Carsten Jaehner aus NRW ehrenamtlich engagieren, erklären sie in unserem Video.
Die Bereitschaft dazu ist laut Ehrenamtatlas jedenfalls da: Fast 80 Prozent derer, die derzeit nicht oder nicht mehr ehrenamtlich tätig sind, können sich vorstellen, künftig ein Ehrenamt zu übernehmen. Und die Hälfte der derzeit in NRW nicht ehrenamtlich Aktiven engagierte sich früher bereits ehrenamtlich. „Das Potenzial für das Ehrenamt ist also riesig“, resümiert Jansen.
Die Erhebung zum Ehrenamtatlas
Im Auftrag von WestLotto hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa 10.647 Person über 18 Jahren zum Thema Ehrenamt befragt. Die repräsentative Befragung für den Ehrenamtatlas fand im Januar 2022 statt. Die Befragten gaben Auskunft zum Umfang ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und zu den Bereichen, in denen sie sich engagieren. Sie erklärten, warum sie einem Ehrenamt nachgehen und was sie sich davon erwarten. Um Ergebnisse für die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte in NRW ausweisen zu können, wurden in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt mindestens 200 Personen der Grundgesamtheit, die nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählt wurden, befragt.