Ein Beitrag von Prof. Dr. Thomas Dünchheim - Rechtsanwalt und Office Managing Partner des Düsseldorfer Büros von Hogan Lovells International LLP Honorarprofessor für Staats- und Verwaltungsrecht sowie öffentliches Wirtschaftsrecht an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden.
Der Glücksspielstaatsvertrag enthält bislang ein sogenanntes Lotterieveranstaltungsmonopol: Die Veranstaltung von großen Lotterien ist danach ausschließlich den Bundesländern vorbehalten. Diese können die Lotterien selbst oder, wie es in der Praxis überwiegend gehandhabt wird, durch eine privatrechtliche Gesellschaft veranstalten, die maßgeblich im Eigentum des jeweiligen Landes steht (Landeslotteriegesellschaften). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Entstehen von Spielsucht verhindert, der Jugend- und Spielerschutz gewährleistet wird, die Lotterien ordnungsgemäß durchgeführt und Begleit- und Folgekriminalität abgewehrt werden.
Warum bedarf der Bereich der staatlichen Lotterien einer neuen gesetzlichen Regelung?
Das bisherige Lotterieveranstaltungsmonopol ist vor allem unionsrechtlicher Kritik ausgesetzt. Der EuGH unterzieht die mitgliedstaatliche Glücksspielregulierung einer sogenannten Kohärenzprüfung: Er kontrolliert insbesondere, ob der jeweilige Mitgliedstaat die Ziele, die er zur Begründung seiner Regulierungspolitik anführt, auch tatsächlich zu erreichen sucht oder ob diese nur vorgeschoben sind und in Wahrheit andere Ziele, insbesondere fiskalischer Natur, verfolgt werden. Wenn ein Mitgliedstaat – wie die Bundesrepublik Deutschland – also angibt, er verfolge vornehmlich das Ziel der Suchtbekämpfung, dann darf er nicht zugleich die Verbraucher zur Teilnahme an Lotterien ermuntern, um hiermit Geld zu verdienen. Vor diesem Hintergrund mehrten sich daher zuletzt die Stimmen, dass das gesetzgeberische Ziel der Suchtbekämpfung nicht kohärent verfolgt werde und daher nicht mehr geeignet sei, das bestehende Monopol zu rechtfertigen.
Daneben ist das Lotterieveranstaltungsmonopol auch Angriffen von illegalen Wettbewerbern mit Sitz auf Malta und in Gibraltar ausgesetzt, die versuchen, den Landeslotteriegesellschaften durch eine auf Expansion angelegte aggressive Werbestrategie Kunden und Umsätze streitig zu machen. Diese Anbieter bieten unter dem Deckmantel der Veranstaltung von Zahlenlotterien – nach Ansicht sämtlicher mit dieser Frage bislang befasster Gerichte – Wetten auf die Ziehungsergebnisse der staatlichen Lotteriegesellschaften über das Internet an.
Was wäre ein gangbarer Weg?
Eine generelle Liberalisierung der Lotterieveranstaltung kommt wegen der nachteiligen Folgen für die Verbraucher nicht in Betracht. Anders als auf „traditionellen Märkten“ wirkt sich der Wettbewerb im Glücksspielmarkt auf diese im Regelfall negativ aus. Glücksspielanbieter würden im Konkurrenzkampf um den Lotteriemarkt neue Produkte entwickeln, die Frequenzen der Lotterien erhöhen und sich eine aggressive Werbeschlacht leisten. All dies hätte zur Folge, dass sich die Gefahr des Entstehens von Spielsucht signifikant erhöht.
Daher sollte das Lotterieveranstaltungsmonopol beibehalten werden. Der Aspekt der Suchtbekämpfung darf mit Blick auf die Kohärenzvorgaben allerdings nicht mehr das zentrale Ziel der Regulierung sein. Vielmehr ist eine Gesamtschau der zur Rechtfertigung des Lotterieveranstaltungsmonopols vorgebrachten Begründungsansätze anzustellen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Gedanke, dass es eines attraktiven Lotterieangebots bedarf, um die Nachfrage nach Glücksspielen zu legalen Angeboten zu lenken (Kanalisierung). Zudem sollte die Bekämpfung der von der Lotterieveranstaltung ausgehenden Manipulationsgefahren besonders betont werden. Lotterien sind wegen der Intransparenz der Gewinnermittlung und der hohen eingesammelten Summen strukturell anfällig für Manipulationen durch die Veranstalter selbst. Ansätze für eine solche Neuregelung bieten beispielsweise die sogenannte Kohärenzmatrix des Düsseldorfer Kreises und die allseits diskutierte Einführung einer zentralen Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder, die illegale Angebote, aber auch rechtswidrige Werbung konsequent verfolgt. Dazu ist die Behörde sowohl personell als auch finanziell mit den entsprechenden Mitteln als auch kompetenziell mit den erforderlichen Befugnissen auszustatten.
Das komplette Dokument „Basis-Info“ ist auch hier abrufbar.